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Geigenkamm Ötztaler Alpen


Der Geigenkamm zählt zu den etwas weniger bekannten, gleichwohl aber lohnenden Gebieten in Tirol. Thorsten kennt Teilstücke unserer geplanten Strecke bereits von einer Tour, die er zehn Jahre zuvor unternommen hat. Da das Gebiet aber landschaftlich sehr schön und zudem wenig überlaufen ist, sollte sich eine teilweise Wiederholung trotzdem lohnen.
Ausgangspunkt unserer Mehrtagestour über den Geigenkamm war Roppen im Inntal (724 m ü.M.). Da wir dieses Mal keine Rundtour mit identischem Ausgangs- und Zielpunkt geplant hatten, sondern innerhalb von 5 Tagen von Roppen bis zur Rüsselsheimer Hütte wandern und anschließend ins Tal nach Plangeross absteigen wollten, war es am besten, bereits am Tag vor dem eigentlichen Tourstart anzureisen, das Auto am Zielort auf dem Hüttenparkplatz bei Plangeross im Pitztal abzustellen, mit den Öffis nach Roppen zu fahren und dort zu übernachten. Ein Hüttenaufstieg am Anreisetag war uns zu stressig und wäre zeitlich auch fast nicht möglich gewesen, da auf dem Weg von Roppen zur Erlanger Hütte fast 20 km und über 2000 Höhenmeter (angegebene Wegzeit ca. 7-8 Std.) zu bewältigen sind.
Wegverlauf in Google Earth
Bei dieser Tour hatten wir unser GPS im Gepäck und konnten damit die Wanderroute als Track aufzeichnen. Der genaue Wegverlauf ist unten in Google Earth sichtbar. Durch Verschieben der Karte und mittels der Zoomfunktion lassen sich mehr Details erkunden.

Download des Tracks als .gpx (318 kb)
(Rechtsklick und "Ziel speichern...")
1. Tag: Von Roppen zur Erlanger Hütte über den Forchheimer Höhenweg
Nach einer angenehmen Nacht im empfehlenswerten Gästehaus Köll in Roppen gings gleich nach dem Frühstück los. Zunächst konnten wir uns gemütlich warmlaufen, da das erste Teilstück des Forchheimer Wegs über eine breite geschotterte Fahrstraße zur bewirtschafteten Maisalm (1631 m ü.M.) hinauf führt. Bei bestem Wetter erreichten wir nach ca. 2 ½ Stunden um 11.15 Uhr die bereits in der Morgensonne liegende Alm. Nach einer weiteren knappen Stunde ließen wir uns auf dem Mutkopf (1990 m ü.M.) zur Mittagsrast nieder. Von hier aus genossen wir die bereits beachtliche Aussicht ins Inntal und auf den gegenüberliegenden Tschirgant.

Zu Beginn führt der Forchheimer Weg über eine Forststraße ...

... bis zur bewirtschafteten Maisalm (1631 m ü.M.).
Die Muthütte ist übrigens unbewirtschaftet. Die letzten Getränke und Speisen können auf der Maisalm verzehrt werden, danach wird der Forchheimer Weg ziemlich einsam. Nach Auskunft der Wirtin im Gästehaus Köll in Roppen könne man auf der Maisalm auch übernachten. Damit wäre es möglich, noch am Anreisetag zur Maisalm aufzusteigen (ca. 2 ½ bis 3 Stunden Aufstieg, Fahrstraße, 900 Hm) und am nächsten Tag weiter zur Erlanger Hütte zu gehen, wenn der Forchheimer Weg am Stück zu lang erscheint.

Ausblick ins Inntal und zum Tschirgant.

Die Landschaft wurde zunehmend karger.
Von Roppen führte uns der Weg zunächst durch herrlichen Forst, der sich ab der Maisalm immer mehr lichtete und in weite Wiesen- und Strauchflächen überging. Nach der Muthütte und dem Mutkopf wurde der Forchheimer Weg schon bald karger und alpiner und verlief nun einige Zeit immer am Grat entlang über den wenig markanten Mutzeiger (2277 m ü.M.), bis wir schließlich die Forchheimer Biwakschachtel in 2443 m ü.M. erreichten. Die kleine Schachtel wurde 1963 von der namensgebenden Sektion Forchheim errichtet, ist eine Alukonstruktion, das ganze Jahr über offen zugänglich und bietet Platz für 2-3 Personen. Im AV-Führer findet sich die Angabe, sie würde über 6 Lager verfügen, dabei muss es sich aber um ein Versehen handeln, denn die Leute müssten dann im Stehen schlafen. Da der Forchheimer Weg über weite Strecken recht exponiert verläuft und zudem sehr lang ist (von Roppen bis zur Biwakschachtel sind es bereits 4,5 bis 5 Stunden Fußweg und 1700 Höhenmeter), kann die Biwakschachtel durchaus im Notfall (z.B. bei Gewitter oder Erschöpfung) nützlich sein. Besonderen Komfort bietet sie jedoch nicht, sie ist also wirklich nur eine Notunterkunft.

Im Hintergrund ist bereits die Forchheimer Biwakschachtel zu sehen.

Forchheimer Biwakschachtel (2443 m ü.M.).
Nach einer Rast vor der Biwakschachtel wanderten wir weiter in die Einsattelung westlich unter dem Weiten Karkopf und bestiegen noch die Murmentenkarspitze. Diese liegt eigentlich nicht auf dem Forchheimer Weg, dennoch konnten wir uns den kleinen Abstecher auf diesen Gipfel nicht verkneifen. Die Murmentenkarspitze (2770 m ü.M.) lockte mit schönem Kreuz und guter Aussicht, letztlich kostete uns der Abstecher mit kleiner Trink- und Snackpause dann aber doch eine ganze Stunde. Dennoch war der Abstecher lohnend, zumal er nicht schwierig ist (I. Grad) und wir vom Gipfel einen schönen Blick hinüber zum imposanten Brechkogel hatten.

Am Gipfelkreuz der Murmentenkarspitze (2770 m ü.M.).

Ungefährer Wegverlauf vom Grund des Weiten Kars zum Ostgrat des Brechkogels.
Mittlerweile war es 17 Uhr, als wir wieder zurück auf dem Murmentenkarjoch waren. Deshalb mussten wir ab da ein wenig Gas geben, um nicht allzu spät auf der Hütte einzutreffen. Der Forchheimer Weg ging hinunter in den Grund des Weiten Kars, über den Bach und dann auf der gegenüberliegenden Karseite wieder aufwärts in Kehren steil den felsdurchsetzen Kamm empor auf den langen Rücken des Ostgrates des Brechkogels. Die Hütte war leider immer noch nicht zu sehen. Nach der Überquerung des Rückens ging es zunächst wieder einige Höhenmeter hinunter, bevor man den Hang nahezu auf einer Höhenlinie bleibend quert. Endlich rückte die Erlanger Hütte in unser Blickfeld. Zuletzt musste noch einmal ein felsiger Absatz überwunden werden, aber dieser ist sehr gut seilversichert.

Die letzten, seilversicherten Meter zur Erlanger Hütte (2550 m ü.M.).
Gerade noch rechtzeitig zum Abendessen erreichten wir schließlich um 18.45 Uhr die Erlanger Hütte (2550 m ü.M.). Matratzenlager war keines mehr zu haben, aber bevor wir im Winterraum schlafen, haben wir uns auch mit einem komfortablen Zweier-Zimmerlager zufrieden gegeben. ;-) Essen und Getränkeversorgung war klasse und so ging ein anstrengender (20 km, 2300 Höhenmeter), aber sehr schöner erster Tourentag gemütlich zu Ende.
2. Tag: Von der Erlanger Hütte zur Frischmannhütte

Start an der Erlanger Hütte bei bestem Bergwetter.
Am zweiten Tag unserer Tour starteten wir um 8.30 Uhr bei herrlich blauem Himmel und Sonne satt. Die Landschaft rund um die Hütte sah im Morgenlicht fantastisch aus und so waren auch die vielen Kilometer und Höhenmeter, die uns vom Vortag noch in den Knochen steckten, schnell vergessen.

Ziel für den heutigen Tag war die Frischmannhütte. Der schnellste Weg dahin führt direkt durch das hintere Leierstal und über die Feilerscharte (angegebene Wegzeit 4 ½ Stunden). Das wäre uns zu wenig für so einen herrlichen Bergtag gewesen und so hatten wir uns vorgenommen, auf dem (Um)Weg zur Frischmannhütte noch den Wildgrat, die Kreuzjöchlspitze, den Schafhimmel und den Fundusfeiler mitzunehmen.
Zunächst ging es dazu am idyllischen Wettersee vorbei, der ganz nah bei der Hütte liegt. Anschließend folgten wir einigen anderen Wanderern auf dem Weg Nr. 912 in Richtung Wildgrat, dessen Gipfelkreuz bereits von weitem gut sichtbar ist. Nach dem Wettersee wird der Weg steiler und verläuft durch Geröll und über kleine unschwierige Felsplatten, sogar ein Schneefeld war noch zu passieren. Der Steig ist aber gut markiert und leicht zu finden. Wir erreichten schnell den schwach ausgeprägten Ostgrat des Wildgrats. Der Normalweg, der dort hinauf geht, ist zuletzt recht steil und wartet mit leichtem Ier-Gelände auf. Geschafft, um 10.30 Uhr erreichten wir unser erstes Gipfelziel an diesem Tag, den Wildgrat (2971 m ü.M.). In der Ferne ließ sich bereits von hier aus die Wildspitze mit ihrer beeindruckenden Nordwand erspähen, die aber offensichtlich in den letzten Jahren wieder um einiges abgeschmolzen ist.

Der Wettersee mit der Erlanger Hütte.

Ostgrat des Wildgrats mit ungefährem Verlauf des Normalwegs.

In der Ferne war die Wildspitze Nordwand (hinten links) zu sehen.

Am Gipfelkreuz des Wildgrats (2971 m ü.M.).

Abstieg vom Wildgrat in Richtung Riegekar.
Vom Gipfel stiegen wir auf der Westseite auf markiertem Steig durch unangenehmes Schottergelände wieder einige Höhenmeter abwärts. Nun mussten wir aufpassen, nicht den Abzweig in Richtung Riegekar und Kreuzjöchlspitze zu verpassen. Der Steig war jedoch ausgeschildert, aber dann nur schwach markiert, weshalb ein wenig Orientierungssinn im alpinen Gelände nicht schadet. Wir hatten den Eindruck, dass dieser direkte Übergang zur Kreuzjöchlspitze nur selten begangen wird. Nach dem kleinen Bergsee unterhalb der Riegespitze ging es nochmal unschwierig, aber anstrengend einige Höhenmeter aufwärts zur Kreuzjöchlspitze (2908 m ü.M.), die wir um kurz nach 13 Uhr erreichten.

Der Wegverlauf vom Abzweig ins Riegekar war wenig ausgeprägt.

Am Gipfel der Kreuzjöchlspitze (2908 m ü.M.).

Herrliche Gratkletterei am Ludwigsburger Grat.
Nach dem obligatorischen Gipfelfoto gingen wir weiter hinüber in Richtung Schafhimmel. Zwischen der Kreuzjöchlspitze und dem Schafhimmel verläuft der Ludwigsburger Grat, über den ein ziemlich neu angelegter und größtenteils mit Drahtseilen, Ketten und Eisenstiften versicherter Steig führt. Wie sich herausstellte, handelt es sich um einen sehr schönen, aber insgesamt leichten und sehr gut versicherten Wegabschnitt, der empfehlenswert ist. Nach nur einer Stunde Gehzeit (angegeben waren zwei Stunden) kamen wir auf dem breiten Grasrücken des wenig markanten Schafhimmels (2820 m ü. M.) an.

Der Einstieg des Ludwigsburger Grates mit Hinweistafel kurz vor dem Schafhimmel.

Gipfelrast mit Aussichtsgenuss auf dem Schafhimmel (2820 m ü.M.).
Nach einer schönen Pause war es bereits 15 Uhr, doch der Abstieg vom Schafhimmel zum Lehner Joch (2510 m ü.M.) war schnell erledigt. Danach mussten wir wieder aufsteigen zur Feilerscharte, die auf fast 3000 m Höhe liegt. Als wir die Feilerscharte (2926 m ü.M.) schließlich erreichten, war es bereits nach 17 Uhr. Eigentlich hatten wir uns noch zum Ziel gesetzt, den Funduspfeiler, einen beliebten und leicht zu ersteigenden Aussichtsberg, zu erklimmen. Dieser Abstecher hätte uns aber mit Auf- und Abstieg wieder mindestens eine Stunde gekostet, weshalb wir uns schweren Herzens gegen den Gipfel entschieden und gleich ins Funduskar abstiegen. Der Abstieg von der Feilerscharte zur Frischmannhütte hatte es dann noch einmal in sich. Es waren einige sehr steile Abschnitte zu überwinden, die steilsten und ausgesetzten Stücke sind jedoch ganz neu mit Drahtseilen versichert. Zuletzt sind wir immer schneller geworden, weil wir Hunger hatten und befürchteten, auf der Hütte kein Abendessen mehr zu bekommen, wenn wir zu spät kämen. Um 18.45 Uhr erreichten wir schließlich die Frischmannhütte (2192 m ü.M.) und wir erhielten glücklicherweise auch noch ein warmes Abendessen.

Drahtseilgesicherte Stellen im Abstieg von der Feilerscharte zur Frischmannhütte.
3. Tag: Von der Frischmannhütte zur Hauerseehütte
Für den heutigen Tag waren leider nachmittags Gewitter vorhergesagt. Deshalb war es gut, dass wir heute sowieso nur den Übergang zur Hauerseehütte geplant hatten (angegebene Wegzeit 4 Stunden). Gegen 8.30 Uhr machten wir uns auf den Weg.

Die Frischmannhütte in der Morgensonne hoch oben über dem Ötztal.

An den Osthängen des Blockkogels. Im Hintergrund die Frischmannhütte.
Wir hatten ursprünglich noch die Besteigung des Blockkogels geplant, aufgrund der Gewittergefahr ließen wir diesen jedoch aus und gingen stattdessen direkt durch die Osthänge des Blockkogels ansteigend über Moränenhügel und am Schwarze-Wand-See vorbei zum Felderjöchl (2797 m ü.M.). Die Landschaft hier oben gleicht einer Mondlandschaft: Karg und trist, aber trotzdem eindrücklich.
Vom Joch überwanden wir noch 30 Höhenmeter und standen pünktlich zur Mittagszeit auf dem Innerberger Felderkogel (2830 m ü.M.), einem flachen und eher unbedeutenden Felskegel.

Karge Landschaft auf dem Weg zum Felderjöchl.

Abstieg vom Felderjöchl in Richtung Weißer See.
Die Hauerseehütte, unser heutiges Tagesziel, war nun schon zu sehen, aber immer wieder zogen tiefliegende Wolken durch und vermiesten uns die Fernsicht. Nach dem Gipfelabstecher ging es zunächst sehr steil abwärts zum Weißen See. Traurig war der Fund einer toten Gemse direkt neben dem Weg. Sie lag offensichtlich schon ein paar Tage dort. Vom Weißen See waren dann nochmal einige Meter ins Felderkar abzusteigen und dieses zu queren, ehe es hinauf zu den Spitzigseen ging. Von hier sollten es nur noch 15 Minuten bis zur Hauerseehütte sein, sodass wir nochmals eine ausgiebige Pause machen konnten.

Blick zum Weißen See. Im Hintergrund ist die Lage der Hauerseehütte rot eingekreist.

Nur noch wenige Minuten bis zur Hauerseehütte (2383 m ü.M.).
Gegen 15 Uhr hatten wir es dann bis zur schön am namensgebenden Hauersee gelegenen Selbstversorgerhütte geschafft. In den Sommermonaten wird diese von Mitgliedern der Sektion Ludwigsburg bewartet, aber nicht bewirtschaftet, das heißt, für Verpflegung muss selbst gesorgt werden. Da die Hütte nicht allzu viele Schlafplätze hat, empfiehlt es sich, am Vortag telefonisch die Schlafplätze zu reservieren.
Gegen 17 Uhr zog dann über dem Ötztal doch noch ein Gewitter auf. Als dieses vorüber war, bescherte es uns einen fantastischen Regenbogen am Hauerseekogel.

Regenbogen am Hauerseekogel.
4. Tag: Von der Hauerseehütte zur Rüsselsheimer Hütte über den Rüsselsheimer Weg

Aufstieg über den neu angelegten Weg zum Hauerferner.
Da für den heutigen Tag der Rüsselsheimer Weg geplant war und dieser mit 8 Stunden Wegzeit angegeben ist, mussten wir wegen der Gewittergefahr am Nachmittag früh aufbrechen. Noch vor allen anderen Hüttengästen saßen wir daher bereits um 6 Uhr beim Frühstück im Gastraum, während es draußen nieselte. Als wir aber dann um 6.30 Uhr abmarschbereit waren, schloss der Himmel glücklicherweise seine Pforten und wir konnten starten.

Von der Hauerseehütte geht es zunächst vorbei am Hauersee gleichmäßig und in nicht zu steilen Kehren zum Hauerferner, den wir bereits nach einer Stunde erreichten. Der Steig ist ganz neu angelegt und markiert. Früher gab es noch einen Alternativweg, der unterhalb des Feuerkogels entlang führte. Da dieser Weg jedoch bei einem massiven Felssturz 1999 verschüttet wurde, empfiehlt es sich, nun nur noch den neuen und bestens markierten Steig zu gehen.
Vom Hauerferner ist nicht mehr viel übrig. Während es auf der AV-Karte noch anders eingezeichnet ist, kommt man jetzt zur Luibisscharte nahezu ohne den Gletscher zu betreten. Der markierte Steig führt rechts unter den Abstürzen des Luibiskogels vorbei. Anfangs ist dieser noch recht steil, wird dann aber zunehmend flacher.

Leider vernebelten uns die tief hängenden Wolken die Sicht, trotzdem wollten wir den Luibiskogel nicht auslassen. Der Abstecher ist durch Pfeile ausgewiesen und kann eigentlich nicht verfehlt werden. Es ging über Geröll bis unter die Gipfelwand, dann ging es kurz durch diese direkt hinauf (versichert), bevor wir den Südostgrat erreichten. Die letzten Meter führen direkt über diesen zum Gipfelkreuz des Luibiskogels (3112 m ü.M.), den wir um 8.45 Uhr erreichten, also gute 2 Stunden nach dem Start an der Hauerseehütte, was der angegebenen Wegzeit entspricht.

Am Gipfelkreuz des Luibiskogels (3112 m ü.M.).

Abstieg vom Luibiskogel mit Blick auf den Hauerferner.
Da wir noch nicht einmal ein Viertel des Rüsselsheimer Weges geschafft hatten, verließen wir den Gipfel recht schnell wieder und stiegen weiter zur Luibisscharte (2914 m ü.M.) auf, auf der wir um 10 Uhr standen. Danach folgte ein wirklich unangenehmer Abstieg ins obere Luibiskar durch extrem steiles, schuttiges Gelände. Weiter unten führte der Steig wieder mehr über grobes Blockwerk, ehe er auf das Sandjoch (2820 m ü.M.) führte.

Blick zurück zur Luibisscharte und das durchquerte Kar.

Blick vom Sandjoch auf den weiteren Wegverlauf.
Danach geht der durchweg gut markierte Weg hinab ins südliche Luibiskarle, bevor man dann wieder steil auf eine schon von weitem sichtbare Einsattelung östlich des Jochkogels emporsteigt. Vorbei am Steinmann querten wir leicht absteigend, teilweise über felsige Platten, zum Breitlehnjöchl (2639 m ü.M.) hinüber. Hinab ging es nun in ein ziemlich weites Kar und vorbei unter den gewaltigen Abstürzen des Hohen Kogels.

Der darauffolgende Steig zum Rötkarljoch war ziemlich steil und ist nur geübten Wanderern zu empfehlen. Zuletzt mussten noch Felsstufen überwunden werden, diese waren aber mit entsprechenden Ketten gut versichert. Nachdem wir um 13 Uhr das Rötkarljoch (2710 m ü.M.) passierten, ging es gleich wieder abwärts ins Rötenkar. Jetzt mussten wir nur noch einen Anstieg für heute schaffen, denn zur Rüsselsheimer Hütte führt der Weg nur über den grasigen Rücken Gahwinden (2649 m ü.M.).

Leichte Kletterei am Rötkarljoch. Im Hintergrund das Breitlehnjöchl.

Kreuz auf der Höhe Gahwinden (2649 m ü.M.).
Auf Gahwinden, das wir um kurz nach 14 Uhr erreichten, konnten wir dank einer Wolkenlücke einige schöne Fotos machen. Zur Rüsselsheimer Hütte (2323 m ü.M.) war es dann nicht mehr weit zu laufen, nach etwa 45 Minuten trafen wir pünktlich zur Kaffeezeit an unserem heutigen Übernachtungsziel ein. Gewittert hat es dann an diesem Tag nicht mehr, trotzdem war es gut, so früh loszugehen. Die verbliebene Zeit am Nachmittag auf der Hütte haben wir zum Kaiserschmarrn essen genutzt.
5. Tag: Hohe Geige und Talabstieg
Für unseren letzten Tourentag hatten wir uns noch die Besteigung der Hohen Geige (3395 m ü.M.) vorgenommen. Zeitlich hätten wir sie zwar auch am Vortag noch geschafft, aber das Wetter war zu unbeständig und selbst wenn es gehalten hätte, hätten wir null Aussicht gehabt.

Auf die Hohe Geige führen zwei Anstiege. Der Normalweg von Südwesten (leichtester Anstieg) und der Westgrat (überwiegend I, Stellen II). Den Beginn des Westgrats hatten wir am Vortag von Gahwinden aus schon gesehen und versprachen uns davon einen interessanteren Aufstieg als nur den Normalweg hoch und wieder runter zu gehen.

Während wir noch gemütlich frühstückten, war eine 9-köpfige Gruppe von jungen Leuten der Sektion Rüsselsheim bereits auf dem Weg zum Westgrat. Um 8 Uhr machten wir uns dann auch auf die Socken. Um zum Einstieg des Westgrates zu gelangen, mussten wir zunächst wieder auf Gahwinden hochsteigen. Auf dem Weg dorthin trafen wir etliche Steinböcke.

Steinbock am Hang auf dem Weg zur Anhöhe auf Gahwinden.

Blick hinüber auf die Wazespitze und deren Ostgrat.

Blick hinüber zur Wildspitze Nordwand.

Kreuz auf der Höhe Gahwinden (2649 m ü.M.) mit Blick ins Pitztal.

Der markierte Steig führt über grobe Blöcke.

Der Westgratweg wird stellenweise schwieriger.
Nach 45 Minuten passierten wir den Abzweig zum Westgrat. Der markierte Steig führt direkt auf dem breiten Grat empor und ging schnell in leichte Blockkletterei über. Die 3000-m-Marke war schnell erreicht und ist markant, weil sie genau bei einer großen, flachen Stelle im Grat liegt – ein idealer Pausenplatz, den wir gerne genutzt haben. Nach der flachen Stelle wird der Grat zunächst wieder steiler, bleibt aber grobblockig. Weiter oben kann eine Graterhebung rechts in der Flanke umgangen werden. Teilweise war die Wegführung etwas verwirrend, weil alte und neue Markierungen parallel verlaufen, aber selbst wenn man direkt auf dem Grat bleibt, liegt die Kletterei maximal im zweiten Schwierigkeitsgrad.

Zuletzt wartete der Steig noch mit einer Felsplatte auf, die wohl die schwierigste Stelle darstellt. Allerdings ist der Weg auf den letzten Höhenmetern fast durchweg drahtseilversichert und damit entschärft. Hier trifft der Westgratweg auf den Normalweg, der von Südosten hinaufkommt.

Erstmals ist der Ferne der Gipfel der Hohen Geige zu sehen.

Immer noch am Westgrat. Im Hintergrund ist die Rüsselsheimer Hütte zu sehen.

Die letzten Meter des Westgrates sind überwiegend seilversichert.

Ein steiles Stück am Westgratweg.

Die Schlüsselstelle des Westgrats (II, aber seilversichert).

Die letzten Höhenmeter zur Geige. Rechts der Einsattelung ist die 9köpfige Rüsselsheimer Gruppe zu sehen.
Die anschließende Firnhochfläche wird rechts umgangen, sodass man in die Einsattelung (3278 m ü.M.) zwischen Hoher Geige und Silberschneide kommt. Von hier aus waren es nur noch gute 100 Höhenmeter durch blockiges Gelände, bis wir schließlich um 11.40 Uhr das Gipfelkreuz der Hohen Geige (3395 m ü.M.) erreichten. Die Rundumsicht von dort oben war beeindruckend. Die Wildspitze war nun ganz nah, gegenüber lockte die Wazespitze. Leider war für die nächsten Tage eine Wetterverschlechterung vorhergesagt, weshalb wir uns auch entschlossen hatten, nunmehr ins Tal abzusteigen.

Am Gipfelkreuz der Hohen Geige (3395 m ü.M.).

Blick hinunter zum Eisfeld und den übrig gebliebenen Gletschersee.
Im Abstieg umgingen wir das Eisfeld und den übrig gebliebenen Gletschersee dann auf der anderen Hangseite und erreichten den Abzweig zum Normalweg über die Südflanke. Diese ist im oberen Teil äußerst brüchig, sodass durchaus mit Steinschlag gerechnet werden muss. Bei viel Betrieb kann ein Helm sinnvoll sein, denn der Abstieg zieht sich in unendlich vielen Kehren und man ist somit lange im steinschlaggefährdeten Bereich unterwegs. Beeindruckend war beim Abstieg ein Felssturz in der Nordwand des Puitkogels, den wir aus einiger Entfernung beobachten konnten. Es rumpelte schon den ganzen Tag in der Nordwand, aber zu diesem Zeitpunkt gingen wirklich große Brocken talwärts.
Auf einer Höhe von 2500 m trafen wir wieder auf den Weg, der von Gahwinden herunter kommt. Von dort war es nicht mal mehr eine halbe Stunde, bis wir wieder die Rüsselsheimer Hütte erreichten. Lange haben wir uns dort nicht aufgehalten, nur schnell den deponierten Rucksack geholt und schon ging’s weiter talwärts. Gegen 15.30 Uhr trafen wir schließlich am Parkplatz bei unserem dort bereits vor 6 Tagen geparkten Auto ein. Als hätten wir es so geplant, fing es zeitgleich mit unserer Ankunft zu tröpfeln an. Wir hatten gerade noch Zeit, uns geschwind umzuziehen und die Rucksäcke im Auto zu verstauen, bevor ein richtiger Gewitterguss runter ging. Ideal, um sich wieder einmal von den Bergen zu verabschieden und heimzufahren.

Abstieg von der Rüsselsheimer Hütte ins Pitztal mit Blick auf den Kaunergrat und die Wazespitze.
Fazit
Die 5 Tage auf dem Geigenkamm waren abwechslungsreich und insgesamt sehr lohnend. Nach dem Start im Inntal wurde der Weg von Tag zu Tag alpiner, da es immer höher hinaus ging. Höhepunkt der Tour war mit fast 3400 m ü.M. die Hohe Geige, nach welcher der insgesamt 28 Kilometer lange Kamm zwischen dem Pitztal im Westen und dem Ötztal im Osten benannt ist. Für geübte Bergsteiger kann ich unsere 5-Tages-Tour wärmstens empfehlen. Die Strecke ist nicht so überlaufen wie andere Höhenwege, was hauptsächlich daran liegen dürfte, dass die Übergänge zwischen den Hütten teilweise sehr lang sind (Forchheimer Weg, Rüsselsheimer Weg), vor allem wenn man noch ein paar Gipfel am Wegesrand mitnehmen möchte.
Wer den Geigenkamm komplett gehen will, muss nach der Rüsselsheimer Hütte noch den anspruchsvolleren Mainzer Höhenweg dranhängen. Thorsten hat dazu bereits 2003 einen Tourenbericht geschrieben.


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